Am Abgrund | Writing Friday

Dies ist ein Text zu der Aktion „Writing Friday“ von Elizzy. Jeden Freitag wird zu einem der vorgegebenen Themen veröffentlicht. Die aktuellen Themen und eine Liste aller Teilnehmer findet ihr auf Elizzy’s Seite.

Thema: Schreibe eine Geschichte, die mit dem Satz “In einer so unbequemen Lage war er noch nie, doch…” beginnt.

Am Abgrund

In einer so unbequemen Lage war er noch nie, doch er hatte gewusst, dass es eines Tags soweit sein würde. Darius tastete gedanklich seinen Körper ab. Er lag auf dem Rücken und auch wenn der Untergrund nicht bequem war, spendete er etwas Wärme für seinen geschundenen Körper. Woher die Wärme kam, wusste er nicht, aber sie durchfloss seinen Körper und machte seine missliche Lage erträglicher. Seine Extremitäten fühlten sich allesamt heil und gesund an. Nur sein Bauch fühlte sich an, als würde er ein riesiges Loch beherbergen. Zu sehen war sicher nichts, es schien sich um etwas Internes zu handeln. Selbst wenn er gewollt hätte, nachschauen war nicht drinnen. So hoch konnte er seinen Kopf jetzt partout nicht heben.

Er war alleine, auf sich gestellt, hilflos. Panik machte sich n ihm breit und er jammerte etwas. Manchmal half es, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. In diesem Fall nicht. Er fühlte sich nach den Jammerlauten genauso mies wie vorher.

Vorsichtig drehte er seinen Kopf und blickte in den Abgrund. Die Tiefe schien unermesslich. Sie sog ihn in sich auf. Einen Sturz würde er wohl kaum überleben. Allerdings hatte er mal gehört, wenn die Füße zuerst aufkommen, bricht man sie sich, aber der Körper bleibt unbeschadet. Ihm wurde erst schlecht dann schwindelig bei der Aussicht. Der Blick auf die andere Seite war nicht besser – Wand. Egal, was er tat, der einzige Weg aus seiner Lage ging nach unten. Er stöhnte laut auf. Ob ihn jemand retten würde? Wer vermisste ihn schon? Frühestens in ein paar Stunden erwartete man seine Präsenz, aber vielleicht würde man ihn hören.

Aus Verzweiflung rief er aus Leibeskräften, doch nichts rührte sich. Er schöpfte neue Kraft, schrie und schrie und schrie. Atemlos machte er eine Pause, dachte noch einmal über seine betrübliche Lage nach und begann schließlich lautstark zu weinen. Wie degradierend. Dann plötzlich hörte er ein Knacken und eine Stimme aus dem Nichts. Ob es ein Engel war?

„Sag mal spinnst du? Ich habe die Woche Spätschicht und du machst hier so einen verfluchten Terz? Du kannst dich doch einfach fallen lassen, der Boden ist nur einen halben Meter entfernt, oder deinen fetten Körper umdrehen. Verdammte Katze!“ Miriam nahm ihren dicken Kater hoch und schleppte ihn mit ins Schlafzimmer. Dort bugsierte sie ihn auf eine extra Decke und legte sich selbst wieder hin. Darius schnurrte genüsslich, als er in den Schlaf gekrault wurde. Zum Glück war seine Dosenöffnerin immer da, ihn zu retten.

12 Kommentare zu „Am Abgrund | Writing Friday

  1. Herrlich. Ich musste sogleich – nein, eben erst am überraschenden Schluss – an das lethargische Katzentier meiner Eltern denken. Reglos auf der Fensterbank über der Heizung liegen und auf Zuspruch warten. Wehe, man ignoriert sie.

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