Dies ist ein Text zu der Aktion „Writing Friday“ von Elizzy. Jeden Freitag wird zu einem der vorgegebenen Themen veröffentlicht. Die aktuellen Themen und eine Liste aller Teilnehmer findet ihr auf Elizzy’s Seite.
Ich experimentiere gerade mit Acrylfarbe rum. Das ist irgendwas zwischen spannend und frustrierend. Hier eine davon inspirierte vielleicht etwas makabre Geschichte.
Thema: Schreibe eine Geschichte, die mit dem Satz “Klara schmiss das Bild an die Wand, es war nun Zeit für…” beginnt.
Ihr bestes Werk
Klara schmiss das Bild an die Wand. Es war nun Zeit für etwas Neues. Diese ewig gleichen Aufträge nervten sie. Als sie angefangen hatte zu malen, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als einen eigenen unverkennbaren Stil zu entwickeln. Heute hatte sie das Gefühl, ihr Stil sei eine Sackgasse und umkehren war nicht möglich. Schließlich bezahlten die Kunden gut für ihre furchtbaren Bilder und sie lebte davon. Sie hatte noch acht Aufträge abzuarbeiten, aber heute konnte sie nicht mehr. Heute würde sie mal wieder Künstlerin sein, nicht Auftragsmalerin. Angeekelt betrachtetes sie die ewig gleichen Linien der fertigen Bilder, die aufgereiht wie eine uniformierte Armee an der Wand ihres Ateliers standen.
Sie nahm eine neue wundervoll weiße Leinwand, legte sie auf den Boden und nahm sich einen Pinsel. Die nächste Stunde bewegte sie sich keinen Zentimeter. Was Neues zu machen war schwierig, wenn man keine Vorstellung davon hatte wie. Schließlich legte Klara den Pinsel weg und nahm eine Farbtube. Was Neues begann immer mit einem mutigen Akt. Sie tropfte etwas orangene Farbe auf die Leinwand. Dann schnappte sie sich das Kaffeebraun, das Helllila, das Himmelhellblau und das Tiefseeblau. Schließlich nahm sie sich einen Spachtel und zog ihn durch die Farbe. Linien, Kringel, Flecke und Haufen bildeten sich. Immer energischer fuhr sie durch die Farbe und wusste immer noch wo sie hinwollte.
Eine Stunde später saß sie vor einem Bild, das aussah, als hätte jemand Farbe getrunken und sich dann übergeben. Klara war frustriert. Wie aus der Welt gerissen starrte sie den Unfall an. An welcher Stelle war es so furchtbar schief gelaufen? Sie war so beschäftigt, dass sie das Klicken der Tür hinter sich nicht vernahm. Erst als ihr jemand ins Ohr flüsterte erwachte sie aus ihrer Starre.
„Du hast einen eigenen Mann, lass die Finger von meinem.“
Klara spürte einen scharfen Schmerz an ihren Hals und dann wie etwas Warmes über ihr Dekolleté lief und auf die Leinwand tropfte. Das Rot befreite das dreckige Orange, verwandelte das blaue Geschmiere in leuchtendes Lila und das Helllila in Pink. Aus den Flecken wurden Muster. Ganz zufällig bildeten sich Seen, Berge, Himmel – wie eine Landschaft in der Toskana.
Klara lächelte als sie zur Seite sackte. Ihr bestes Werk bisher.
Bilder mit dem eigenen Blut malen. Mehr kann man wohl nicht in sein letztes Werk – gewollt oder nicht – hineinlegen. „Schön“ grausig.
P.S.
Es scheint auch im Blogleben eine Art von Gedankenübertragung zu geben. Vor zwei Tagen habe ich ein paar Zeilen geschrieben, die auch mit/im Blut enden, die ich aber aus bestimmten Gründen erst für Veröffentlichung am Sonntagmorgen programmiert habe.
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Das mit der Gedankenübertragung ist mir schon ein paar Mal aufgefallen. Scheint so ein Blogger-Welt-Phänomen zu sein. 😅
Danke.
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Und wieder eine unvorhersehbare Wendung 🙂 Mittlerweile rechne ich immer schon sehr fest damit und werde nie enttäuscht.
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Ohje und dann gibt es mal keine und alle sind enttäuscht. 😳😅
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Liebe Katha,
wir haben uns heute das gleiche Thema ausgesucht, ähnlich umgesetzt, aber ganz unterschiedlich beendet. Dein Text hat mich an den Protagonisten in „Die Ermordung des Commendatore“ von Haruki Murakami denken lassen – ein Maler, der Porträts auf Auftrag malt und ebenfalls nach dem eigenen, nach einem neuen Stil sucht. Zwar war das Ende makaber, aber das finde ich eher noch bestärkend für deine Geschichte. Ich liebe solche dunklen, unheimlichen Texte, dieser hat mir sehr gut gefallen! 😀
Liebe Grüße
Alina
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Ist mir am Ende auch aufgefallen. Wahrscheinlich hat da mein Unterbewusstsein gearbeitet, als ich den Text geschrieben habe. 😅
Danke. Ab und an muss man halt etwas dunkler werden.
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Ich bin erschüttert. So einen düsteren Text hätte ich jetzt nicht erwartet. Schaurig aber faszinierend.
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Meine Frustration beim Malen hat sich irgendwie in der Geschichte manifestiert. Heute wäre der Text ganz anders ausgefallen. 😅 Danke.
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Wunderbare Zeilen, die einen in den Bann ziehen! 👍😊
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Danke. 😇
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Schöner (Alb)traum einer Künstlerin, mit dem letzten Atemzug das beste Werk zu schaffen – vielleicht gar nicht so unwahrscheinlich!
Liebe Grüße, Norbert
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