Picknick im Winter | Impulswerkstatt

Zettel und Federhalter. Über dem Federhalter steht Impulswerkstatt

Dies ist ein Text zu der Impulswerkstatt von Myriade. Ziel ist es etwas Kreatives zu vorgeschlagenen Bildern oder zu einer Schreibaufgabe zu erstellen. Hier könnt ihr alles darüber lesen: *KLICK*
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Zum Mosaikstück 1:

Picknick im Winter

„Wenn ein Blinder einen Blinden führt, fallen beide in die Grube“, gab Max zu Bedenken, als Lisa seine Hand nahm.

„Ach der Spruch stammt von einem Sehenden und die hatten noch nie Ahnung davon, wie man sich in uns hineinversetzt“, antwortete Lisa überzeugt. „Ich kenn den Weg und wenn wir uns verlaufen, können wir immer noch jemanden um Hilfe bitten.“

Max zögerte noch, aber Lisa zog ihn einfach hinter sich her. Sie liefen eine Straße entlang, die er noch nicht kannte. Er hörte Baulärm, eine Ampel, auf der anderen Straßenseite gab es ein Geschäft mit einer Türklingel. Lisa ging zügigen Schrittes, als sie dann plötzlich stoppte, lief er beinahe in sie hinein.

„Ok, hier bin ich mir nicht ganz sicher. Glaubst du, wir sind dem Geruch nähergekommen“, fragte Lisa.

Max konzentrierte sich. Er roch ein bisschen intensiver als vorher. „Ich bin mir auch nicht sicher, aber kann sein. Kann es sein, dass der Geruch von links kommt.“

„Glaube ich auch. Gut, dann da entlang.“ Lisa ging weiter. Sie liefen eine Weile und der Geruch wurde immer intensiver, bis er schließlich das Gefühl hatte, dass alles um ihn herum aus eine Art Frühlingsduft bestand.

„Ich glaube, wir haben es gefunden“, flüsterte Lisa.

„Aber was ist es?“

„Hn, Entschuldigung. Kann uns jemand helfen?“, sagte Lisa nun laut.

„Ja. Was sucht ihr denn?“ hörte Max eine kratzige Frauenstimme.

„Was ist dieser Geruch?“, fragte Lisa. „Was sehen sie vor sich?“

Eine kurze Weile herrschte Stille. „Eine Blumenwiese. Die ist mir gar nicht aufgefallen. Wie ungewöhnlich. Mitten in der Stadt, Mitten im Winter…eigenartig…wirklich…“, sagte die Frau leise.

„Kann man sie betreten?“, fragte Lisa weiter.

„Ich wüsste nicht warum nicht“, sagte die Frau.

„Dankeschön“, sagte Lisa, dann zog sie Max wieder hinter sich her. Der Geruch wurde immer intensiver und statt Asphalt fühlte Max nun Gras unter seinen Schuhen. Je weiter sie auf die Wiese gingen, desto wärmer wurde es. Als sie schließlich anhielten, schwitze Max in seiner warmen Jacke.

„Lass uns hier hinsetzen“, sagte Lisa.

Max zog den Rucksack von seinem Rücken, dann entledigte er sich seiner Jacke und seinen Winterschuhen. Es roch himmlisch, nach frischem Gras, nach Lilien, Butterblumen und Nelken. Er hörte Vogelzwischen, aber keinen Straßenlärm mehr.

„Weißt du, wo wir hier sind?“, fragte Max.

„Keine Ahnung, aber irgendwie auch egal, oder?“, sagte Lisa.

„Was, wenn wir in einer Einkaufspassage sind und in der Deko von einem Laden sitzen?“

„Was, wenn das hier eine mystische Wiese ist, die nur darauf gewartet hat, dass wir zwei auf ihr ein Picknick machen?“, erwiderte Lisa. Max spürte Lisas Hand in seiner. Sie drückte sanft zu, dann gab sie ihm ein belegtes Brötchen.

„Guten Appetit.“

„Guten Appetit“, erwiderte er und bis herzhaft in seine Kindheitserinnerung.

5 Kommentare zu „Picknick im Winter | Impulswerkstatt

  1. Schön!!! Und der Text macht mich neugierig darauf, wie Blinde sich denn nun tatsächlich in der Welt zurechtfinden. Die Idee mit dem Geruch der Wiese gefällt mir sehr und deine mystisch angehauchten Geschichten ohnehin. Vielen Dank für den duftenden Beitrag !

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