Eine gespenstige Nacht | Writing Friday

Dies ist ein Text zu der Aktion „Writing Friday“ von Elizzy. Jeden Freitag wird zu einem der vorgegebenen Themen veröffentlicht. Die aktuellen Themen und eine Liste aller Teilnehmer findet ihr auf Elizzy’s Seite.

Da das Kind jetzt Hand-Mund-Fuß hat, komme ich erst heute dazu die Geschichte zu veröffentlichen. Gibt es halt einen Writing Sunday. 😉

Thema: Schreibe eine Geschichte, die mit dem Satz „Gespenster gibt es wirklich, gerade heute…“ beginnt.

„Gespenster gibt es wirklich, gerade heute!“, behauptete Theodora und verschränkte trotzig die Arme. Ihre Eltern nahmen ihre Liebe zum Spirituellen schon wieder nicht ernst, dabei war es keine Phase, sondern eine Gabe, da war sie sich sicher. Nichts auf der Welt gab ihr ein so eigenartiges und zugleich aufregendes Gefühl wie ein Spaziergang über einen Friedhof. Das mussten die Geister der Verstorbenen sein, deren Augen sie auf sich spürte. Nun war endlich Halloween, der beste Tag des Jahres für jemanden wie sie. Der Vorhang zwischen der Welt der Toten und der Lebenden war dünn, hatte sie gelesen und glaubte es auch zu spüren. Überall merkte sie Präsenzen, fühlte Schwingungen. Ein Kribbeln ging bereits den ganzen Tag durch ihren Körper, allerdings wurde es gerade von Wut verdeckt, weil ihre Eltern ihr nicht erlaubten um Mitternacht auf den Friedhof zu gehen. Stattdessen sollte sie ins Bett und schlafen. Sie könne ja von Gespenstern träumen, hatte ihr Vater gesagt. Theordora war außer sich und schimpfte ununterbrochen vor sich her, während sie sich fürs Bett fertig machte. Was ihre Eltern nicht wussten: Sie würde sich einfach rausschleichen! Mit der Ausrede, dass ihr kalt war, hatte sie ihren dicken dunkelgrauen Pyjama mit den Puffärmeln angezogen, der hexenmäßig aussah. Da sie fast schon mit dem „Nein“ gerechnet hatte, hatte sie Gestern heimlich eine Tasche mit Umhang, festen Schuhen, Snacks, einer Taschenlampe und rituelle Kerzen, die sie aus der Tischdeko-Schublade im Esszimmer gemopst hatte, für ihren Spaziergang gepackt.

Voller Vorfreude lag sie im Bett und konnte nicht Einschlafen, dabei war es sicherlich hilfreich, wenn sie die paar Stunden bis Mitternacht schlafen würde. Ihr Wecker würde sie fünfzehn Minuten vor Mitternacht wecken. Sie brauchte bestimmt fünf Minuten, um hinauszuschleichen, weiter fünf Minuten waren es bis zu dem kleinen Friedhof an der alten Kirche und dann hatte sie fünf Minuten um Kerzen aufzustellen.

Um elf Uhr war Theodora immer noch hellwach, merkte aber, wie die Müdigkeit langsam die Vorfreude verdrängte. Statt des Kribbelns spürte sie eine immer stärker werdende Schwere. Da es jetzt sinnlos war einzuschlafen, setzte sie sich auf. Erstaunt stellte sie fest, dass es bereits kurz vor Mitternacht war. Anscheinend war sie doch kurz weggenickt. Theodora zog sich schnell an und schlich aus dem Haus. Es ging leichter als gedacht. Keine Stufe knarrte und die Haustür ging geräuschlos ins Schloss. Innerlich machte sie einen Freudensprung, dann lief sie im Schatten der Hecken Richtung Friedhof. Erst als sie außer Sichtweite ihres Hauses war, machte sie die Taschenlampe an. Ein wenig mulmig war ihr schon zu Mute, aber die Aufregung war größer. Sie wollte endlich echte Geister sehen, vielleicht sogar ihre Großmutter, die letztes Jahr gestorben war und sie überhaupt erst darauf gebracht hatte, dass sie die Gabe hatte Geister zu spüren.

Es war kalt und sie zitterte als sie die Kerzen neben der Parkbank in der Mitte des Friedhofes aufstellte. Nur noch wenige Sekunden, dann war es Mitternacht. Als die Kirchglocken ertönten, zuckte Theodora zusammen. Sie spürte einen warmen Wind auf ihrer Haut, dann wurde der Friedhof in ein lilafarbenes Licht getaucht und sie sah, wie sich aus allen Gräbern beinahe durchsichtige Gestalten erhoben. Musik erklang und wie bei einem Ball begangen die Geister miteinander zu tanzen. Auch ihre Großmutter war dabei. Sie schwebte zu ihr und forderte sie zum Tanz auf. Theodora wollte gerade ihre Hand nehmen, als sie plötzlich von grellem Licht geblendet wurde,

„Tut mir leid, aber wir wollen doch heute alle zusammen frühstücken und es ist schon zehn Uhr“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter sagen.

Theordora schlug die Augen auf. Ihre Mutter lächelte.

„Ich hoffe, du bist mir nicht allzu böse.“ Sagte sie und reichte Theodora ihren Wecker. „Wenn du etwas älter bist, gehen wir an Halloween gemeinsam auf den Friedhof. Versprochen. Aber jetzt gibt es erstmal Pfannkuchen und Croissants und ganz viele Leckereien, die nur den Lebenden vorbehalten sind.“

Theordora war müde und sauer. Für einen kurzen Moment überlegte sie aus Protest nicht zum Essen zu erscheinen, als dann jedoch ihr kleiner Bruder rief: „Also kann ich den ersten Pfannkuchen haben“, schwang sie die Beine aus dem Bett. Dann sah sie eben nächstens Jahr Gespenster.

2 Kommentare zu „Eine gespenstige Nacht | Writing Friday

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