
Dies ist ein Text zu den abc.etüden von Christiane. Ziel ist es 3 Worte in 300 Zeichen unterzubringen. Die Schreibeinladung für die Wochen 38 + 39 beinhaltet die Worte „Prophezeiung, anständig, verkrümeln“, gesponsert von Werner Kastens.
Selbst-Prophezeiung
Lisa dachte angestrengt über das Wort Selbst-Prophezeiung nach. Es war ihr in einem Psychologie-Magazin begegnet. In dem Artikel darüber hatte gestanden, dass wenn man fest glaubt, dass einem etwas Schlimmes passiert, das deswegen eintreten würde, entweder weil man es unabsichtlich selbst herbeiführt oder weil man anfängt alles nach dieser Selbst-Prophezeiung zu beurteilen. Lisa war sich sicher, dass ihrer Mutter das passiert war. Sie hatte ständig vermutet, dass Lisas Vater fremdging, bis er das tatsächlich tat und sich schließlich mit der neuen Frau aus ihrem Leben verkrümelte. Sicher hatte er die ständige Eifersucht nicht ausgehalten. Nicht der anständigste Zug von ihm, aber ein wenig konnte sie ihn verstehen.
Nun aber dachte Lisa darüber nach, ob man diese Selbst-Prophezeiung nicht zu etwas Nützlichem verwenden konnte. Was, wenn sie sich die ganze Zeit einreden würde, dass etwas Positives passieren würde? Zum Beispiel könnte sie fest daran glauben, dass sie im Lotto gewinnen würde. Lisa beschloss das Experiment zu wagen. Sie schrieb sich auf die Spiegel in ihrer Wohnung, dass sie eine Lottogewinnerin war, sagte sich das mehrmals am Tag selbst und erzählte es auch anderen. Viele ihrer Freunde sahen sie komisch an, aber Lisa war das egal. Alles für die Wissenschaft.
Als sie glaubte genug Selbst-Prophezeiung angesammelt zu haben, ging sie in einen Lottoladen und tippte ohne groß nachzudenken. Da sie sich sicher war, gewonnen zu haben, ging sie am nächsten Tag direkt in den Laden und sah sich die Zahlen an, die der Besitzer immer ins Fenster hing. Dort standen ihre Zahlen. Es hatte geklappt! Sie wollte gerade ein Freudentänzchen aufführen, als eine junge Frau sie nach etwas Wechselgeld fragte. Sie sah so aus, als wäre sie vielen schlechten Selbst-Prophezeiungen zum Opfer gefallen. Einer Eingebung folgend, gab sie der jungen Frau den Lottoschein. Was einmal geklappt hatte, klappte sicher nochmal.
Ich mag diese Form der modernen Märchen, weil sie Hingabe und am Ende Selbstlosigkeit beschreiben.
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Danke. 😇 Ich hatte das Bedürfnis etwas Positives zu schreiben.
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Wunderbar! Wo wohnt Lisa? Ich würde mich dann mal unauffällig in ihrer Nähe aufhalten 🤔😉. Weil: Was sie einmal gemacht hat, macht sie bestimmt auch noch mal 😉. Ich übe schon mal Dackelblicke.
Gefällt mir sehr, vielen lieben Dank! 😁
Samstagvormittagkaffeegrüße 😁☁️🌻🌳☕🍪👍
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Vllt müssen wir das selbst mal probieren. Ich meine, warum sollte das nur ihr gelingen? 😅 Danke.
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Ein tolles, überraschendes Ende!
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Unsere Gedanken formen unsere Welt!
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Nur doof, dass alle andere auf dem Planeten die Welt mitformen. 😅
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Irgendwas ist halt immer. Wobei es philosophisch gesehen durchaus fraglich ist, ob es die anderen gibt oder ob wir sie erschaffen.
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Existenzphilosophie ist halt auch so eine Kopfzerbrech-Disziplin. 😆
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Ja, aber mit spannenden Gedankenexperimenten. 😊😊😊
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Stimmt. 😇 Was mich immer frustriert hat, war, dass man nie klare Antworten bekommt oder ein Ende findet. Da fand Wissenschaftstheorie immer greifbarer.
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Ach mit ein wenig Ambiguitätstoleranz lässt sich das aushalten. Ich habe heute gelesen, dass Menschen sich nie sicher sein können, weil ihr Handeln immer fehlbar ist. „Die moderne Naturwissenschaft hat ein >fallibilistisches< Selbstverständnis.“ das heißt sie betrachtet ihre Ergebnisse grundsätzlich als fehlbar. So viel zum greifbaren.
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Gerade diese Fehlbarkeit ist ja auch Gegenstand der Überlegungen. Finde ich per se greifbarer als das Sein als sich. Immerhin setzt man das Sein und sich Befinden schon voraus. Stattdessen wird das Beobachten und Bewerten infrage.
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