
Dies ist ein Text zu den abc.etüden von Christiane. Ziel ist es 3 Worte in 300 Zeichen unterzubringen. Die Schreibeinladung für die Wochen 8 + 9 beinhaltet die Worte „Strickjacke, trügerisch, entdecken“, gesponsert von wortgeflumselkritzelkram.
Die Strickjacke
Sie öffnete die Türen vom Kleiderschrank. Alles war sortiert nach Zweck und Farbe, doch die Ordnung war trügerisch. Schon vor Jahren hatte sie den Überblick verloren, was sich in ihrem Kleiderschrank befand. Heute musste sie endlich aufräumen. Ihr blieb sonst nichts mehr zu tun.
Sie begann bei den Shirts, arbeitete sich durch die Pullover, probierte Hosen an und fand mehr Löcher als ihr zuzugeben lieb war. Der Stapel der aussortierten Kleidungsstücke wurde immer größer. Gerne hätte sie mehr in die Kleiderspende gegeben, aber sie trug Kleidung bis sie nicht mehr tragbar war und manchmal noch darüber hinaus. Es fiel ihr schwer sich von liebgewonnen Sachen zu trennen und so hingen in ihrem Schrank ein Duzend Schlafshirts, Malerklamotten und Kleidung, an die sie sich nicht einmal mehr erinnerte.
Sie kramte sich gerade durch die Blusen und Jacken, als sie eine beigfarbene Strickjacke entdeckte, an die sie sich nicht mehr erinnern konnte. Vorne links waren Blumen aufgestickt, in allen möglichen Sommerfarben. So verspielte Kleidung hatte sie Ewigkeiten nicht mehr getragen. Konnte die Strickjacke schon so alt sein? Sie drehte und wendete die Jacke. Schließlich roch sie an dem Stoff. Er roch wie eine Blumenwiese, wie Sommer, Kuhfladen, selbstgeschmierte Brote und der Limonade, die sie als Teenager immer getrunken hatte. Ganz benebelt von dem Duft zog sie die Jacke an und sah einem Jungen in die Augen, der ihr eine Flasche Limonade reichte. Sie saßen auf einer Picknickdecke inmitten einem Feld aus Blumen. Verträumt nahm sie einen Schluck von der Limonade, dann betrachtete sie den Jungen genauer. Sie hatte ganz vergessen, wie er in jungen Jahren ausgesehen hatte. Eine Träne kullerte ihre Wange hinunter.
„Darf ich hier bleiben?“, fragte sie.
„Solange du willst“, antwortete er und lächelte sie mit dem Lächeln an, dass sie Jahrzehnte lang begleiten würde.
Ich dachte schon, dass die Jacke spricht, wär auch nett gewesen
LikeGefällt 2 Personen
Auch ne gute Idee. 😅
LikeGefällt 1 Person
Oh, Deine romantische Ader! Auch wenn ich ein Mann bin: ich liebe solche Texte!
LikeGefällt 3 Personen
Also das Romantische sehe ich zwar nicht, aber danke. 😅🤣
LikeLike
Ach, das ist schön! Wieder in die Erinnerung zurückzureisen mit/durch den Geruch und das Anziehen … und plötzlich weiß man wieder, was man vergessen hat.
Ach ja. Hach. Seufz. 😢😉😀
Gefällt mir gut. Und so Aufräumorgien kenne ich auch … 🤔😁
Spätnachmittagkaffeegrüße 😁⛅🌼☕🍪👍
LikeGefällt 2 Personen
Ich finde Erinnerung wahnsinnig intetessant und vor allem wie sie ausgelöst werden. 😇 Danke.
LikeGefällt 1 Person
Hach, schööööön 🙂 Erinnerungen, Düfte, Gedanken, Gefühle – wundervoll!
LikeGefällt 2 Personen
Danke. 😇
LikeLike
Geruchserinnerungen sind die stärksten und emotionalsten Erinnerungen, empfinde ich immer wieder so, selbst beim blossen Lesen hat es Wirkung. Kuhfladen- und Limonadenduft ist aber auch zu schön!
LikeGefällt 3 Personen
Absolut. 😊 Danke.
LikeGefällt 1 Person
Ja, Malerklamotten, unbedingt bewahrenswert. Erinnerungsstücke an jede Wohnung/Haus, die/das ich mal renoviert habe. Es wäre Zeit, ein neues Stück der Sammlung hinzuzufügen. – Ich lese „Kuhfladen“ und sofort habe ich eine „olfaktorische Erinnerung“ (En Thérapie, S01E17) an Urlaube mit den Eltern in der Steiermark. – Danke. Liebe Grüße, Bernd
LikeGefällt 1 Person
Ich habe auch eine große Kollektion Malerklamotten, aber für meine Acrylmalerei, um tatsächliches Renovieren drücke ich mich, wo ich kann. 😉
Kuhfladen scheint so ein universeller Erinnerungsstifter zu sein. Ich muss immer an den Bauernhof denken, neben dem wir im Schwarzwald gewohnt haben. 🙂
Danke.
LikeGefällt 1 Person