
Da ich kaum Gedichte schreibe, habe ich den Dienstag zum Gedichte-Tag erklärt und veröffentliche wöchentlich ein Gedicht über etwas, das mich gerade bewegt.
Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen. Einfach einen Kommentar schreiben.
Mit von der Partie sind bisher
Stachelbeermond
Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Findevogel
Wortverzauberte
Ein Blog von einem Freund
eine komische zeit
sanft züngelt die wärmende Kälte meine
beine hinauf. umkreist die leberflecke
auf der wade, streift die tattoowierung
entlang. bis zu den knien. ich schüttele
sie fort. es ist nicht so weit. später. hinter
meinen kniescheiben sprießen samen.
durchbrechen meine winterhaut. blut
fließt wie frische bäche in meine zellen.
eine weide verschüttelt ihr haupt. es
bleiben frische gräser an meinen füßen
kleben. der kies klingt wie totengesang.
vogelzwitschern. schmetterlingsflattern.
wurzeltreiben. ich warte und zucke mit
den schultern. eine komische zeit.
Die Kälte züngelt – wie eine Flamme,
sie folgt dem Gesetz: Wärme steigt auf.
Sie fliesst um Hindernisse – wie ein Fels im Fluss.
Geschützt durch die Kniescheiben gehen Samen auf.
Ein Durchbruch wie im Krieg – die Haut als Schutzwall.
Blut kann fliessen und die Zellen erfrischen.
Die Weide verschüttelt Sporen aus ihrem Haupt.
Frische Gräser kleben an den (nackten?) Füssen,
der Kies knarrt sein immer gleichbleibendes verlorenes Lied.
Alles andere erwacht.
Ich warte auch auf das Neue Leben, eine neue Zeit.
Wenn ich das so auseinander zussele, dann gibt sich für mich ein Bild der aktuellen Situation:
Corona ist wie ein Kälteschock, er erfasst nicht alle, unter dem Schutz des Sich-nicht-Bewegens keimen neue Gedanken und durchbrechen die Umspannung it dem Gewohnten, Eingespielten.
Die Weiden, als Symbol für Enthaltsamkeit, Magie und Ewigkeit, mit ihrer schnellen Kraft, sich in unwägbarem Boden zu verwurzeln, überschütten uns mit Hoffnung. Weg vom toten Kies, hin zu frischem Leben, erwachen zur Magie des Neuen.
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Tatsächlich geht es weniger um den Virus, als den Einzug des Frühlings, der dieses Jahr aus meiner Sicht sehr eigenartig verläuft – sicher auch weil man gerade so wenig draußen ist und alles stehen bleibt. Also geht es irgendwie doch um den Virus, aber nur in Bezug auf mein abstraktes Empfinden. 😉
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Eine seltsame Zeit, ja. Die wärmende Kälte versucht auch bei mir zu landen, aber bisher habe ich sie erfolgreich abgeschüttelt. Dein Gedicht fasst es sehr gut zusammen, selbst die Spaziergänge fühlen sich komisch an.
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Ich war im Park, weil ich noch ein paar Minuten vetrödeln musste und es war kaum jemand da. Wenn doch, ist man denjenigen aus dem Weg gegangen. Wirklich komisches Gefühl.
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Ich gehe jeden Tag zweimal durch einen großen Park, und im Moment gibt es da nur Fahrradfahrer auf der Flucht in einem Affentempo… und die Vögel haben Terrain zurückerobert. Sehe ich auch jetzt gerade beim Blick aus dem Fenster.
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Ja, stimmt. Zur Zeit ist vieles anders und daher komisch.
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Ist seltsam wie sehr man an normalen Abläufen und seinem „Alltag“ hängt.
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… was man eben erst so richtig merkt, wenn es plötzlich anders ist. Ich weiß was du meinst
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