Das „süße Köter“-Problem | Impulswerkstatt

Zettel und Federhalter. Über dem Federhalter steht Impulswerkstatt

Dies ist ein Text zu der Impulswerkstatt von Myriade. Ziel ist es etwas Kreatives zu vorgeschlagenen Bildern oder zu einer Schreibaufgabe zu erstellen. Hier könnt ihr alles darüber lesen: *KLICK*
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Eine Geschichte zum Literaturzitat von Arthur Schnitzler: „Jedes Wort hat fließende Grenzen. Diese Tatsache zu ästhetischer Wirkung auszunützen ist das Geheimnis des Stils.“

Das „süße Köter“-Problem

 „So ein süßer Köter“, sagte Georg und streichelte den Hund von Frau Kilian, seiner Nachbarin.

„Bitte was?“, fragte diese mit Empörung in der Stimme.

„Ein süßer Köter sagte ich“, widerholte Georg und zwinkerte ihr zu.

Die ältere Dame sah Georg verwirrt an, dann wünschte sie ihm einen schönen Abend und verschwand in ihrem Haus. Nachdenklich ging Georg zur Einfahrt seines Hauses, als ihm seine Frau aus dem Küchenfenster zurief: „Sag mal, kannst du Koko suchen? Der soll reinkommen, es soll heute regnen.“

Georg nickte. „Klar rufe ich unseren schönen Flohfänger.“

Karin zog eine Augenbraue hoch. „Dein neustes Sprachexperiment?“

„Ja“, sagte Georg. „Ich kombiniere negativ und positiv konnotierte Worte und schaue welches stärker ist. Als ich Frau Kilians Hund einen süßen Köter nannte, war sie sichtlich irritiert, vielleicht sogar erbost. Niedlich scheint ihre weniger wichtig zu sein, als das man ihren Hund nicht Köter nennt.“

„Ich habe ja nichts gegen deine Sprachexperimente, aber kannst du bitte nicht unsere Nachbarn verärgern? Ich wollte hier noch ein paar Jahre wohnen bleiben und die wissen schließlich nichts von deinen eigenartigen Experimenten.“

„In Ordnung du wunderschönes Weib“ sagte Georg und zwinkerte ihr zu.

Karin schüttelte den Kopf und schloss das Fenster. Weib war für sie anscheinend negativer, als das Wort wunderschön positiv. Vielleicht sollte er es mit „klügstes Weib der Welt“ probieren, schließlich war Karin ihr Intellekt wichtiger als ihr Aussehen. In dem Kontext machte ihr das negativ konnotierte Wort vielleicht nichts aus.

Georg hielt Ausschau nach dem zotteligen grauen Kater, den sie mit dem Hauskauf vor einigen Jahren irgendwie übernommen hatten, oder er sie, bei Katzen wusste man das nie so genau. Bestimmt war er hinten im Garten beim Komposthaufen und jagte Mäuse. Von dort konnte man ihn schlecht mit Rufen anlocken, aber vielleicht half ja das Versprechen von Futter.

Tatsächlich saß Koko neben den Holzkisten, die sie zum Kompostieren nutzten und lauerte auf die kleinen Nager.

„Na du hübscher Mäusetöter, kommst du mit rein?“ fragte Georg. Koko schnurrte und strich um seine Beine. Mäusetöter war sicher bei ihm positiv konnotiert, schließlich schien er zufrieden zu sein, wenn er eine Maus erjagt und sie ihnen vor die Terrassentür legte. Karin würde das Wort eher negativ auffassen, weil sie es meist war, die die halb zerteilten Mäuse fand, ganz gerne auch in ihren Gummistiefeln, wenn sie diese nicht in die Garage geräumt hatte.

„Magst du mit reinkommen, du leisetretender Tollpatsch,“ sagte Georg. Anscheinend hatte er damit eine Wunde Stelle getroffen, denn Koko sprang auf und rannte zum Haus. Vielleicht hatte er auch gehört wie die Terrassentür aufging und wusste, dass das bedeutete, dass es leckeres Dosenfutter gab.

„Wäre es nicht eine perfekte Welt, wenn alle Worte neutral wären?“ fragte er Karin, als er ins Haus kam.

„Dann wärst du deinen Job los,“ sagte sie.

Georg dachte kurz nach. Er schrieb Liebesromane, das könnte ein Problem werden, wenn seine Leserschaft keine emotionale Verbindung mehr zu Worten hatte. Wie sollte er dann vermitteln wie der über beide Ohren verliebte Thorbjörn Isolde durch ihre samtweichen Haare strich, während er ihre großen Rehaugen bewunderte.

„Er patsche ihr an den Kopf und sah in ihre Augen…“, sagte Georg.

„Was?“, fragte Karin.

„Schon gut meine Holde, ohne deinen Intellekt wäre ich verloren, oh du schönste aller Frauen.“

„Übertreibe es nicht, sonst trete ich dir in deinen süßen Pferdepopo.“

18 Kommentare zu „Das „süße Köter“-Problem | Impulswerkstatt

  1. Hehe! Ich finde ihn sympathisch – also den Köter und den Kater und auch den Liebesromanschreiberling mit seinen Sprachexperimenten 😁. Die Idee, dass einer sowas ausprobiert, ist mal was anderes 😆

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  2. Oh, oh, da gerate ich ja in Versuchung das auch einmal auszuprobieren. Abgesehen davon, dass das eine sehr gute Schreibidee ist, finde ich das Experiment echt spannend ! Danke für die Inspiration !

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