
Dies ist ein Text zu den abc.etüden von Christiane. Ziel ist es 3 Worte in 300 Zeichen unterzubringen. Die Schreibeinladung für die Wochen 06-09 beinhaltet die Worte „Unterwürfigkeit, verschuldet, verjubeln“, gesponsert von Werner Kastens.
Der Glücksschmied
Als er dreißig Jahre alt war, hatte er bereits sein ganzes Lebensglück verjubelt. Seine Eltern hatten ihn immer wieder gewarnt auch schlechte Zeiten einzuplanen, doch er hatte nicht gehört, nachdem er selbst über sein Konto hatte verwalten können. Ein paar erfüllte Lebensträume hier, zwei wundervolle Kinder, ein Job, den man wirklich nur mit Glück fand und ein paar kleinere Lotteriegewinne. Auch seine Frau steckte er mit seinem Hang zum Leben in glücklichem Saus und Braus an.
Als seine Tochter schwer krank wurde und sie auf Glück vertrauen mussten, um die richtige Behandlungsmethode zu finden, mussten sie bereits auf ihr Glückskonto zugreifen. Das häufte sich, als sie ein Haus kauften und viele kleine Schwierigkeiten überwinden mussten. Schließlich war er Unglück nicht gewöhnt. Immer weiter verschuldete er sich bei seinen eigenen Kindern, bis auch deren Glück verbraucht war.
Harte Zeiten standen bevor. Als er seinen Job verlor, half nicht mal mehr die größte Unterwürfigkeit, kein Bitten und Betteln, ebenso wenig als sie ihr Haus verkaufen mussten, weil sie hoch verschuldet waren, und die Krankheit der Tochter zurückkehrte. Jeden Tag blickte er auf sein leeres Glückskonto, bis er beschloss, dass er es nicht brauchte. Er nahm selbst die Suche nach einer geeigneten Behandlung seiner Tochter in die Hand, nahm einen Job an, der weniger toll war und wandelte ihn so, dass er sich wohl fühlte, um schließlich ein Haus zu kaufen, dass zwar kein Glückstreffer, aber ein wundervoller Rohdiamant war. Seinen Kindern lehrte er, ohne Glück auszukommen. Er bedauerte die Menschen, die schlechte Zeiten als gegeben hinnahmen und ihr Glück sparten, denn, wenn er eines gelernt hatte: Man musste kein Glück haben, um glücklich zu sein.

„Man musste kein Glück haben, um glücklich zu sein.“ sehr wahr, aber da muss man erst mal draufkommen !
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Das stimmt. Einige müssen für die Lektion erst auf die Nase fallen.
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Wie immer eine Frage des sogenannten „goldenen Mittelwegs“ für mich. Glück haben hilft – aber es muss auch ohne gehen können … Ich mag die Idee mit dem Glückskonto – und dessen Unsinnigkeit.
Sag mal, da „verschuldet“ hier adjektivisch gebraucht werden soll (und nicht als Verb), könntest du den entsprechenden Satz bitte noch umbauen?
Morgenkaffeegrüße ❄️🌥️💻☕🍪
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Ich habe es angepasst bzw an anderer Stelle nochmal eingefügt. 😅 Danke.
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Diese Carpe-diem-Einstellung, die sich da heraus kristallisiert, gefällt mir.
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Oder einfach „mach selbst was draus“. 😅
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„Glückskonto“ – ein verlockender Gedanke.
Es erinnert an Erich Kästners „Märchen vom Glück“.
Einem arg betrübten Mann wird angeboten, drei Wünsche frei zu haben. Er glaubt kein Wort, ist schließlich genervt und spricht einen sehr bösen Wunsch aus. Der augenblicklich in Erfüllung geht.
Schuldbewusst opfert er seinen zweiten Wunsch, um das rückgängig zu machen. Klappt auch.
Den letzten Wunsch hat er nun über 40 Jahre lang nicht angerührt. Ob er „glücklich“ ist, weiß er nicht recht. Aber immerhin ist er der Mann, der einen Wunsch frei hat. Und schließlich: „Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat.“
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Ah daran erinnere ich mich. Ich wusste nur nicht mehr, dass es von Kästner ist. Der Protagonist hat es aber genau erfasst.
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