* Dies ist ein Text zu der Aktion „Writing Friday“ von Elizzy. Jeden Freitag wird zu einem der vorgegebenen Themen veröffentlicht. Die Liste aller Teilnehmer findet ihr auf Elizzy’s Seite. *
Ich hab die Aufgabe mal wörtlich genommen und erzähle von einem Albtraum. Er heißt Ekel und hat ein angeknackstes Selbstbewusstsein.
Thema: Erzähle von einem Albtraum.
Ekel war traurig. Niemand wollte sich seine Erfolgsgeschichten anhören. Angst, Verlust, Langsam und Nackt erzählten am laufenden Band von ihren Abenteuern, aber wenn er anfing, gingen alle weg. Er war der Schwächste der fünf Albträume und hätte gerne über seine wenigen Erfolgserlebnisse berichtet. Wie das eine Mal, als er es schaffte einer Frau das Rauchen abzugewöhnen, weil sie nachts davon träumte, wie sie stark gealtert von ihrer eigenen schleimigen-schwarzen Lunge verfolgt wurde.
Heute Nacht war er der letzte der Albträume, der vom Sandmann ausgeschickt wurde. Er hatte keinen straffen Zeitplan, denn der Sandmann setzte ihn nur sehr selten ein. In einer Stunde hatte er seinen ersten Auftrag. Statt wie sonst die Zeit bis dahin zu nutzen, Ideen zu sammeln, besuchte er die andern Albträume bei ihrer Arbeit. Das hatte er schon sehr lange nicht mehr getan, aber vielleicht half es, wenn er Interesse an ihrer Arbeit bekundete, dass sie auch seine anfingen wertzuschätzen.
Verlust war gerade dabei einem Mann zu zeigen, wie sehr er seine Frau vermissen würde, damit er mit dem fremdgehen aufhörte. Er wählte eine simple Methode und bahrte ihren toten Körper in der Kirche auf, in der sie geheiratet hatten. Der Mann heulte wie ein Schlosshund. Wenn das nichts half.
Anschließend besuchte er Angst, die in Form eines Seeungeheuers einem kleinen Mädchen beibrachte, nicht zu nah an den See im Ort zu gehen. Das Ungeheuer war riesig, mit vier Augen und acht Armen. Die Kleine rannte schluchzend davon, doch Langsam hielt sie davon ab, um den Moment noch einprägsamer zu gestalten. Langsam zwinkerte ihm zu, dann ließ er das Mädchen los und ging in einen andern Traum. Ekel folgte ihm.
Langsam knackte mit den Fingern, dann ließ er einen jungen Mann sich nur noch ganz langsam in seinem Büro bewegen, während sein Chef im Hintergrund brüllte, er solle schneller machen. Er wurde so langsam, dass er die Schallwellen des Gebrülls sah. „Der lernt schon noch, dass er kurz vor Burnout steht.“ Ekel nickte anerkennend, dann beschloss er auch noch Nackt aufzusuchen, auch wenn er seine Aufgaben etwas skeptisch betrachtete.
Nackt saß gerade neben einer Bühne, während ein Junge ohne Kleidung etwas vorsang. „Heute mal nicht die klassische Klassenzimmer-nackt-Nummer. Der muss sitzen.“ Nach dem Auftritt würde der Kleine wahrscheinlich keinen Lampenfieber mehr haben, denn egal was schief lief, alles besser als entblößt auf der Bühne zu stehen. So zumindest die Theorie.
Ekel seufzte. Langsam musste er ans Werk. Ein typischer Fall von schlechtem Gewissen. Ekel fuhr das ganze Paket auf. Der Junge vor ihm schüttelte sich, als sich die mit Zysten und Narben übersäte Gestalt ihm näherte, doch er konnte nicht weg. Langsam ging sie auf ihn zu, um ihm die Möglichkeit zu geben sie genau zu betrachten. Dann umarmte das Monster den Jungen und dieser schrie auf, nur um zu merken, dass sich die Gestalt verwandelt hatte – in seine Mutter. Er war geschockt, dass sah Ekel und ließ den Dingen seinen Lauf. Der Junge schluchzte und beteuerte, dass es ihm Leid tue. Dann erwachte der Junge aus seinem Traum und Ekel spürte, wie seine Entschlossenheit Realität wurde.
Als er zurückkehrte, wartete der Sandmann auf ihn. „Neuer Auftrag?“
Der Sandmann schüttelte den Kopf. „Ich habe gehört, du hast heute die andern Albträume besucht. Bist du nicht zufrieden mit deiner Arbeit?“
Ekel zuckte mit den Schultern. „Niemand will meine Geschichten hören und du setzt mich so selten ein.“
„Ach Ekel. Ich setzte dich gezielt ein. Die einfachen Sachen können auch die anderen machen. Du bist der nachhaltigste meiner Albträume. Angst und Verlust kann man wegreden, Nackt und Langsam kann man auslachen, aber Ekel, der bleibt. Du zeigst den Menschen ihre tiefsten Wünsche und Träume. Das kann man nur gezielt einsetzen.“
Ekel verdrückte ein Tränchen, dann ging er mit geschwollener Brust zu seinem nächsten Auftrag. Das Mädchen hatte er schon zweimal besucht, diesmal würde er es beenden und sie dazu zwingen IHN zu verlassen. Jawohl. Das konnte nur er tun.
Hallo Katha,
wirklich schön, diese Personifizierung verschiedener Arten von Albträumen!
Liebe Grüße, Norbert
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Liebe Katha!
Das hatte ich doch direkt bildlich vor Augen! Natürlich kam ich irgendwie nicht umhin, mir den Sandmann als Dream vorzustellen, was möglicherweise ja auch deine Intention war 😄 Gefiel mir gut, wie du die verschiedenen Albtraumarten mit eingebunden hast.
Liebe Grüße!
Gabriela
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Hey Gabriela,
nein, Dream als Sandman wäre mir nie in den Sinn gekommen. 😉 Danke. 🙂
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Irgendwie ist es sogar beruhigend, dass man jetzt weiss, dass Sandmann die Alpträume los schickt um einen endlich die Augen zu öffnen. Tolle Idee.
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Hey Rina,
danke. 🙂 Einige meiner Albträume haben mich durchaus zum Nachdenken gebracht, andere einfach nur verwirrt, weil ich auch Horrorfilme gerne so verarbeite. 😉
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Oh ja, das kenne ich – das mache ich wenn ich viel Horrorgeschichten lese.
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Liebe Katha, grossartig wie du die verschiedenen Albträume miteinander verbunden hast. Ich mag deinen Erzählstil sehr!
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Hey Elizzy,
danke. 🙂 Irgendwie hat mich die Aufgabenstellung dazu gereizt, Albträume zu personifizieren. Gute Inspiration. 😉
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Ich komme leider jetzt erst dazu zu schreiben. Aber deine Geschichte ist so toll. Die verschiedenen Alptraumarten zu beschreiben, finde ich eine wirklich großartige Idee. Ich hatte tolles Kopfkino bei lesen gehabt. 🙂
Liebe Grüße
Suse
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