Das geheime Buch | Impulswerkstatt

Zettel und Federhalter. Über dem Federhalter steht Impulswerkstatt

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Das geheime Buch (Bild 1)

Vorsichtig nahm er das nächste Buch aus dem Regal und besah es sich genau. Er hatte sich lange davor gedrückt, sich den Bücherschrank seines Großvaters anzusehen, aber es musste gemacht werden. Geschirr, alte Möbel, Kleidung, das alles konnten die Entrümpler ausräumen, dafür fehlte ihm die Zeit, aber der Bücherschrank, das Heiligtum seines Großvaters, das musste er selbst erledigen. Neuere Bücher würde er in einen Bücherschrank packen, alles, was so aussah, als wäre es seinem Großvater wichtig gewesen, würde er in Kisten packen und bei sich zwischenlagern. Wenn etwas Zeit vergangen war, würde er sicher die Energie aufbringen können, alles in Ruhe durchzuschauen.

Das Buch, was er eben aus Reihe zwei des Regals gezogen hatte, war „Marie Antoinette“. Sicher keine Lektüre, auf die er Lust hatte, aber das Buch sah vielgelesen aus, daher packte er es in die Kiste zum Zwischenlagern. Nach und nach wanderten Bücher in Kisten, bis er das zweite Regalbrett erfolgreich bezwungen hatte. Die dritte Etage Bücher würde schwieriger werden, denn die Bücher standen zweireihig. Die erste Reihe war aber schnell sortiert, da es sich ausschließlich um Buchreihen handelte. Ähnlich bei der zweiten. Lessing musste mit, Goethe auch, bei der Karl May-Buchreihe zögerte er. Sollte er auch sowas einpacken? Er entschied sich dagegen, da er wusste, dass sein Großvater den Schreibstil von May genauso furchtbar fand wie er. Vielleicht hatte er sie wegen etwas Anderem aufgehoben, doch er konnte keine Widmung oder dergleichen finden. Als er das letzte Buch von May rausgenommen hatte, knackte etwas und ein Stück des Regalbrettes darüber löste sich. Als er das nun herausstehende Stück vorsichtig abtastete, kam ihm ein Teil des Regalbodens entgegen. Anscheinend befand sich ein kleiner Hohlraum in dem Regalbrett. Etwas steckte darin. Neugierig löste er es vorsichtig aus dem Versteck. Es war ein in wahrscheinlich Leder eingebundenes Buch mit Knöpfen. Es sah verbraucht und alt aus. Vielleicht ein altes Stammbuch oder ein Familiengeheimnis. Oder irgendetwas Magisches, flüsterte das innere Kind in ihm.

Behutsam löste er die Knöpfe, dann nahm er den Einband ab. Darunter befand sich ein neu aussehendes Buch. Es war umgeschlagen, also musste er erst zu dem Einband blättern. Er staunte nicht schlecht als er das bunte Cover sah. Ein Liebesroman. Einer von der Sorte, halbnackte Männer und verträumt aussehende Frauen. Er grinste. Neben dem Buch befanden sich auch ein paar kleine Zettel in dem Buch. Die Handschrift erkannte er sofort. Sein Großvater hatte sich, wie zu jedem seiner Bücher, Notizen gemacht. Auf einem Blatt stand „Warum verlässt er sie?“ auf einem anderen „Das passt nicht zu dem Haus aus Kapitel 1.“ und auf einem wieder anderen stand „Müssen Helga und ich mal probieren.“ Grinsend legte er die Blätter wieder ins Buch, packte den Liebesroman in den Einband und packte das Buch in die Kiste mit Büchern, die er mit zu sich nehmen würde. Den Rest der Aufräumarbeiten lächelte er vor sich hin. Es half ihm ein wenig über die Trauer hinweg zu wissen, dass sein Großvater ein ebenso großer Romantiker war, wie er selbst.

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