Stillzwang – Mama Gedanken

Da es mir in meiner Reihe „Schwangere Gedanken“ so viel Spaß gemacht hat, mich über Klischees und Erwartungen an Schwangere aufzuregen, habe ich mir überlegt fortzufahren, denn auch an Mütter gibt es eine Reihe von unsinnigen Erwartungen.
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So, ihr kennt das: Macht euch einen Tee, holt euch einen Keks und los geht’s.

Stillzwang

Wenn man Ratgeber liest, ist Stillen das wichtigste zum „bonding“ und der einzige Weg ein gesundes Kind zu haben. Wer nicht stillt, ist – überspitzt gesagt – eine Rabenmutter, denn in Deutschland besteht gefühlt Stillzwang.

Der Druck

Eines der ersten Dinge mit denen man als frische Mama konfrontiert wird, ist das Stillen. Bereits kurz nach der Geburt soll man „anlegen“ und ab dann ist man eine laufende Milchbar. Es gibt Bücher, Blogs, diverse YouTube-Videos und den Beruf Stillberater. Man hat das Gefühl, dass man Stillen muss, weil es so „natürlich“ (oh ja, dieses Wort von der Traumgeburt schon wieder) ist. Das vermittelt natürlich nicht jeder Ratgeber, aber anscheinend genug. Meine Hebamme und andere Mütter haben mir von dem Druck erzählt, den das auf Frauen auslöst. Einige sind so gestresst, dass sie nicht Stillen können und an sich als Frau und Mutter zweifeln.

Meine Startschwierigkeiten

Ich bin da etwas blauäugig drangegangen und dachte, dass sich das selbst regelt, schließlich stillen Frauen schon immer und Tiere kriegen das ja auch gebacken. Also habe ich mich null informiert und dann hatte ich plötzlich ein Baby, dass zu verschlafen zum Trinken war. Das hießt für mich am Anfang mit der Milchpumpe zu arbeiten (und viele Kuhwitze dabei zu machen) und meinem Sohn Pre-Nahrung zuzufüttern. Ich wollte gerne Stillen, aber dachte mir auch, dass wenn es nicht klappt, es eben nicht klappt. Trotzdem habe auch ich den Druck gespürt.

Stillen ist komplex

Die wichtigste Frage beim Stillen ist: Bekommt mein Kind genug Nahrung? Gar nicht so einfach festzustellen. Entweder es nimmt zu oder nicht, aber die Mengenempfehlungen sind nicht hilfreich, schließlich kann man nicht gut messen, wieviel das Kind trinkt. Und dann gibt es da noch die richtige, Stillposition und das richtige Anlegen. Dann darf man nicht zu früh Schnuller geben, weil das eine Saugverwirrung hervorrufen kann und und und. Stillen ist eine fucking Wissenschaft, zumindest heutzutage. Als Generationen noch dichter beieinander gelebt haben, haben das die Mütter und Großmütter ihren Töchtern gezeigt. In der Kleinstfamilie hat man aber nur die Hebamme und die ist nachts nicht da, wenn das Kind nicht zum Trinken aufwachen will oder gefühlt die ganze Mahlzeit wieder auskotzt.

Warum es ok ist, nicht Stillen zu können/wollen

Manche Frauen produzieren nicht genug Milch, andere sind krank und einige wollen einfach nicht, weil sie sich eingeschränkt fühlen oder das psychisch nicht gebacken bekommen. Alles legitime Gründe. Klar hat Stillen nachweisbare Vorteile, aber keine, die es rechtfertigen, soviel Druck auf Mütter auszuüben. Meine Mutter musste wegen einer Nierenerkrankung nach 3 Monaten abstillen. Ich habe keine Allergien, bin rundum gesund und bis zur Pubertät war das Verhältnis zu meiner Mutter 1a. Die Mutter meines Freundes konnte ihn gar nicht stillen und trotzdem telefonieren sie jedes Wochenende.

Was ziehe ich daraus?

Ich bin in der glücklichen Lage Stillen zu können und – genauso wichtig – zu wollen. Wie lange ich das durchziehe? Keine Ahnung. Was ich mit Sicherheit weiß: Mir egal, was andere sagen. Wenn mich die Meinung von jemandem zu meinem Kind interessiert, dann ist das die von seinem Vater und die unseres Kinderarztes.

4 Kommentare zu „Stillzwang – Mama Gedanken

  1. Wir haben zwei Söhne, die nicht gestillt wurden, weil meine Frau trotz der vorhandenen proportionen „keine Milch gegeben“ hat. Und was soll ich sagen? Keiner von den beiden hat sich fehl entwickelt oder musste deswegen zum Psychiater, weil ihm die Mutterbrust gefehlt hat.
    Ich denke, dass sollten die Frauen selbst entscheiden, ob sie wollen oder nicht.

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  2. Eine Dame hat sich jedenfalls unvergesslich bei mir gemacht:
    Stürzte wie ein Habicht auf mich Flasche gebende hinab und schwallte mich voll, als würde ich den Kleinen Fundevogel gerade unter Wasser drücken oder so etwas.
    Dass ich dieses Kind ja gar nicht hätte stillen können, habe ich ihr nicht erzählt.Auch nicht, dass er nicht gerade eben geboren, sondern fast sechs Monate alt war.
    Aber das Kind , das ich noch mit fast zwei gestillt habe, war manchen ungefragt Miterzihenden auch ein Dorn im Auge.
    Die Kinder leben beide noch.

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