wir haben es befüllt | Der Dienstag dichtet

Da ich kaum Gedichte geschrieben habe, habe ich den Dienstag zum Gedichtetag erklärt und veröffentliche wöchentlich ein Gedicht über etwas, das mich gerade bewegt. Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen. Einfach einen Kommentar schreiben.
Mit von der Partie sind bisher:

Stachelbeermond
Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Findevogel
Berlin Autor
Nachtwandlerin
Lindas x Stories
La parole a été donnée à l’homme
Gedankenweberei
Emma Escamila
Wortverdreher
Lebensbetrunken
Vienna BliaBlaBlub
Heidimarias kleine Welt
Traumspruch

& heute auch dabei: Red Skies over paradise

Immer wieder krachen ich und der Kunstbegriff zusammen. Was ist künstlerisch/literarisch wertvoll und warum entscheiden das Menschen, die oftmals selbst keine Künstler sind. Und viel schlimmer, warum dürfen sie bestimmen, was es nicht ist. Inspiriert wurde ich dazu von diesem Bietrag von Christiane: *klick*

wir haben es befüllt

wir haben es befüllt. bis obenhin
randvoll. alle facetten treiben auf
der oberfläche, sinken auf den boden.
tanzen im mittendrin. heute haben
sie ein maßband genommen, eine
skala gezeichnet. bis hier. sagen sie.
dort unten das zählt nicht. kitsch.
trivial. nur wer den pegel erreicht
erhält einen eigenen namen. preise,
lob und ruhm. wert. das gold muss
glänzen. sagen sie. und wir sitzen
draußen und bestaunen durch das
farbenfrohe das eine. reduzierte. wir
haben es befüllt und nun ist es leer.

29 Kommentare zu „wir haben es befüllt | Der Dienstag dichtet

  1. Du triffst es auf den Punkt. Oft werden die Werte von Menschen festgesetzt, die damit ihren eigenen Wert steigern. Da hilft nur, sich dem Kunstzirkus zu entziehen, wenn das möglich ist. Banksy macht das ganz eindrucksvoll vor, auch wenn er ab und zu am Markt scheitert.

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      1. Die hatte ich vor gar nicht langer Zeit ziemlich direkt vor Augen. Gegenüber stand ein vergoldetes Exemplar, das das Original karikieren sollte. Ich weiß auch nicht, irgendwie war mir das zuviel Metakommunikation über ein gescheitertes Experiment.

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  2. ICH werde den Kunstbegriff ganz sicher nicht verteidigen, an dem arbeiten sich ganz andere Größen ab – ich habe nur Beispiele für Äußerungen herausgegriffen. Übrigens war das Ringelnatz-Gedicht mein Einstieg. Dass ich in so ein Wespennest stechen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
    Ich möchte anmerken, dass die Kritik nicht immer nur von außen kam. In allen Jahrhunderten haben Poeten sich über Werke ihrer Mitpoeten mokiert, mit welcher Begründung auch immer.
    Ich habe es gestern schon bei mir geschrieben: Mir geht es darum, dass jede*r danach streben sollte, seine eigene Wahrheit zu finden (und auszudrücken) – und das möglichst „gut“, wozu für mich gehört (FÜR MICH), nicht mit viel gedrechseltem Silbengeklimper zu beeindrucken, sondern sein Herz mit in die Waagschale zu werfen. Wahrheit. Ehrlichkeit. Und auch ja, Technik gehört dazu, aber die kann man sich aneignen …
    Verregneter Morgenkaffeegruß ohne Herzchen und Sternchen, ich bin am PC, der hat das nicht 😀

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    1. Ich habe die Aussagen auch nicht als deine Meinungen ausgelegt. Für mich hast du nur interessante Positionen rausgesucht, die mich eben inspiriert haben selbst etwas zu schreiben.
      Ich glaube auch nicht, dass Kritiker unbedingt von Außen kommen. Viele Künstler wollen eine Elite bilden und urteilen andere dadurch herab. Und das ist es, was mich netvt. Wenn du an der Kunstuni fesagt hast du magst Picasso, dann war das ok aber zu gewöhnlich, wenn du gesagt hast du magst zB Giger, dann war das zu trivial. „Das ist doch nur Kitsch“ habe ich zu oft gehört oder „es gibt einen Unterschied zwischen Malerei und Kunst“. Mir ist manchmal Landschaftsmaler Karl-Otto lieber als ein Damien Hurst. 😅

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  3. Das ist wirklich ein Wespennest und ich halte es für unmöglich einen allgemein gültigen Kunstbegriff zu finden. Im Bereich der Malerei ist es ja noch ein bisschen schwieriger als in der Literatur, weil da überhaupt nichts objektivierbar ist. Bei Gereimtem gibt es schon ein paar handwerkliche Kriterien. Gerade bei Gereimtem…

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    1. Ich finde es schwierig jm der sagt, dass er Kunst macht oder Gedichte schreibt, genau dies nicht tut. Ist dann vllt Geschmacks aber Ausschlusskriterium ist schwer. Vielleicht müssen wir akzeptieren, dass die Definition beim Schaffenden und die Beurteilung bei jedem Einzelnen Leser liegt. Schön und griffig ist es nicht, aber Kreativität soll ja gerade frei sein.

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  4. Witzig, genau über das Thema hab ich gestern mit einer Freundin gesprochen. Das ist halt immer die Sache mit guter Unterhaltungskunst … sie hat weniger Fürsprecher und Reichweite als der Quark auf Bild-Niveau. Aber ich denke, so herausfordernd es auch ist, muss man irgendwann seinen eigenen Standpunkt dazu finden. Und wenn man selber gut findet was man macht, dann ist es ok. Trifft eben nur nicht immer den breiten Geschmack.

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    1. Trifft ja die „hohe Kunst“ auch nicht. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie häufig moderne Kunst abgelehnt wird, wobei die es ist, die den Kunstmarkt beherrscht. Wenn man nach der Masse geht, müssten Museen ein Mix aus Einhörnern und TikTok-Videos ausstellen. 😅

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      1. … die als Lichtinstallation durch die Räume schweben 🙂

        Für mich ist Lady Gaga ein gutes Beispiel. Von der dachte ich am Anfang, dass die einfach nur nen Knall hat. Spätestens seit dem Film aus 2018 habe ich mich dann aber mal wirklich eingehender mit ihr beschäftigt und festgestellt, wie sehr sie es eigentlich drauf hat und ich sie unterschätzt habe.

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  5. Neben Kunst und Gedichten trifft das auch sehr auf Musik zu, finde ich. Was durfte ich mir von meinem Vater anhören, als ich Fan koreanischer Popmusik geworden bin und seine „gute Erziehung“ aus Post-Rock, Shoegaze und Alternative mit Füßen getreten habe. ^^ Mich hat es jahrelang genervt, dass er K-Pop die künstlerische Daseinsberechtigung abgesprochen hat, aber dann habe ich realisiert, dass ich teilweise genauso gedacht habe. Ich bin als älterer K-Pop-Fan ganz fest der Auffassung gewesen, alles Neue ist schlechter als die alte Musik. Besonders mit BTS und Blackpink konnte (und teilweise kann) man mich jagen.
    Aber da sieht es die Allgemeinheit wohl anders: denn das sind die beiden erfolgreichsten Gruppen des Genres. Und gerade Pop, was ja wortwörtlich von der „popular culture“ kommt, zeigt genau auf, wie bei vielen nun mal der Markt den Geschmack regelt. Was „in“, was angesagt und beliebt ist. Und dann dreht sich das in Endlosschleife und gipfelt in TikTok, Spotify und Kriegen auf YouTube wegen den Rekorden der Klickzahlen.
    Im Grunde habe ich mich selbst zu einer Elite gezählt, da ich hauptsächlich unbekanntere Gruppen und Künstler*innen höre und eine Zeit lang auch fest gedacht habe „die sind viel besser und talentierter“. Und da gibt es viele Fans, die sich als Elite ansehen, weil sie Alternative und Indie statt Pop hören. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich von dieser Denke befreit habe und für 2020 hatte ich dann doch mal eines von BTS‘ Liedern in meinen Lieblingsliedern, weil es mir aus relativ neutraler Sicht gut gefallen hat und ich ihnen das anerkennen musste.
    Von daher sehe ich das für die gesamte Kunst wie Christiane: soll jede*r danach streben, was erfüllt, glücklich macht und das innere Selbst ausdrückt. Die Kunst wird sich vielleicht ohnehin nie festhalten oder definieren können, weil sie permanent im Wandel existiert.

    Sorry für den langen Aufsatz, aber auch bei mir wurde bei dem Thema in ein Wespennest gestochen. 😀

    Liebe Grüße
    Alina

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    1. In der Musik sehe ich das auch. Ich höre viel Metal und da wird dann auch der „Mainstream“ – Metal schlecht geredet. Quasi, wenn man echter Metal-Fan ist, darf man Bands wie Metallica nicht mögen. Ich finde diese Sicht befremdlich. 😅

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  6. Schön geschrieben, auf den Punkt gebracht.
    Und das ist ja beileibe nicht nur in der Kunst so. Das beginnt ja in vielen Schulen – auf anderem Niveau und breiter gefächert, aber doch in ähnlicher Weise.
    Liebe Grüße
    Judith

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  7. Mit der „Mutter Natur“ gab es keine Differenzierungen, da waren alle gleich. Bis der „geistreiche“ Mensch das Schwarz und Weiss, nützlich oder unnütz, Gut und Böse erfand und damit Fronten schuf, an denen wir noch immer zu knabbern haben, weil wir unsere eigene Meinung und unsere eigene Kraft aus der Hand gegeben und auf andere delegiert haben, bewusst oder unbewusst, freiwillig oder gezwungen, oder weil es einfach praktisch ist und Haltestangen uns das Leben erleichtern oder Skalen uns Stolz oder Schadenfreude oder Abneigung – also Stellungnahme ermöglichen.

    Und kennen wir das nicht auch alle als Eltern, wenn unsere Kinder „erzogen“ werden?

    Und wissen wir nicht alle um Darwins Theorie der Auslese?

    Und wissen wir nicht alle, dass Verlage auch von Umsatz leben müssen?

    Und haben wir nicht die Möglichkeit, uns mit unseren Blogs über all die Skalierer hinweg zu setzen und zu beweisen, dass wir auch anders können, in gegenseitiger Achtung?

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    1. Das klingt nach einem Revolutionsaufruf. 😅
      Ich habe immer öfter das Gefühl, dass unser Bewertungs- und Elitensystem nicht manipulierbar ist. Selbst wenn man versucht auszubrechen, wird man doch wieder reingezogen. Das Einzige was klappt: Selbst nicht diese Maßstäbe ansetzen und, wie diu schreibst, gegeseitige Achtung zu haben.

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