Gespräche mit Rüdiger – Eitelkeiten | abc.etüden

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Dies ist ein Text zu den abc.etüden von Christiane. Ziel ist es 3 Worte in 300 Zeichen unterzubringen. Die Schreibeinladung für die Wochen 06+07 beinhaltet die Worte „Schabernack“, „breit“ und „erheben“, gesponsert von BerlinAutor.

Gespräche mit Rüdiger – Eitelkeiten

Ein Rumpeln ertönte. Schnell spurtete ich in die Küche und sah das Chaos. Das Trockenfutter lag verstreut auf dem Boden.

„Rüdiger! Warum musst du immer Schabernack treiben?“

Rüdiger sah mich erstaunt an, während er genüsslich die Trockenfutterbröckchen vom Boden verspeiste.

„Jagen ist kein Schabernack.“

„Meine Küche verwüsten schon.“

„Pure Übertreibung. Schließlich esse ich alles auf.“

„Das alles? Dann bist du bald so breit wie hoch!“

Rüdiger sah mich vorwurfsvoll an. „Also erstens überesse ich mich nie und zweitens ist mir meine Figur egal. Solange ich noch springen kann, ist alles gut. Ich bin nicht so eitel wie ihr Menschen.“

„Katzen sind jawohl eitel. So oft, wie ihr euch putzt.“

„Das nennt sich reinlich. Wie wir aussehen ist uns Schnuppe, aber erhebe mal eine Umfrage bei deinen Mitmenschen, was die an sich nicht mögen.“

„Einiges. Das kann ich dir ohne Umfrage sagen. Schließlich hat das Aussehen etwas damit zu tun, wie man behandelt wird, welchen Job man hat und Partner.“

„Leute, die dich schlecht behandeln, weil du scheiße aussiehst, braucht niemand. Einen Job, bei dem zählt, wie du aussiehst und nicht, wasdu kannst, ist Mist. Und wenn dein Partner nur dein Äußeres mag, hat er spätestens ein Problem, wenn du im Alter wie ein verschrumpelter Apfel aussiehst.“

„Ohne den ersten Eindruck könnte man niemanden einordnen.“

„Also willst du Menschen anhand des Äußeren einordnen, nur um dann festzustellen, dass das Äußere nichts mit dem Inneren zu tun hat? Klingt reichlich umständlich. Jetzt bin ich satt.“ Rüdiger hüpfte aufs Fensterbrett.

„Hey, du wolltest aufräumen!“

„Hab nicht gesagt wann.“ Damit war er verschwunden.

Während ich den Rest aufkehrte, starrte ich auf meine immer gut versteckten hässlichen Füße. Ob jemand meinen Charakter nach meinen Hammerzehen beurteilte? Und wenn ja, wollte ich dann mit demjenigen reden?

„Alexa. Nenn mir die Öffnungszeiten vom Schwimmbad.“

15 Kommentare zu „Gespräche mit Rüdiger – Eitelkeiten | abc.etüden

  1. Liebe Katha, es lohnt durchaus, das ganze Leben am Selbstvertrauen zu arbeiten.

    Zu dem „verschrumpelten Apfel“ – an der Stelle hätte Oma Anna selig gesagt: „Was nutzt der schönste glatte Apfel, wenn die eigenen Zähne schon so stumpf geworden sind, dass man nicht mehr mit Genuss hineinbeissen kann“. 😂 Lg. R.

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  2. Ein Klugscheißer, der Rüdiger. Wobei er nicht unrecht hat. Hilft aber nicht, man sortiert Leute automatisch nach dem ersten Eindruck zumindest in „sympathisch“ und „unsympathisch“, und revidiert das eventuell später … Und die Ausrede mit dem Aufräumen kenne ich von meinem auch 😼 Das macht es NICHT besser, wertes Fellträgervolk!
    Liebe Grüße
    Christiane 😁😾👍👍👍

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    1. Ja, Katzen sehen alles etwas zu eindimensional – vor allem das mit dem Einräumen. 😉 Andererseits ist es immer wieder gut, sich daran zu erinnern, dass man vorsortiert und dass die Kriterien nicht immer schlau sind.

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  3. So was kann ja nur von einer Katze kommen – und ich bekomme unsere Jackie auch nicht dazu, aufzuräumen.
    Es ist eben ein zweischneidiges Schwert mit den Äußerlichkeiten.

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