Tick | Der Dienstag dichtet

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Da ich kaum Gedichte schreibe, habe ich den Dienstag zum Gedichte-Tag erklärt und veröffentliche wöchentlich ein Gedicht über etwas, das mich gerade bewegt.
Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen. Einfach einen Kommentar schreiben.
Mit von der Partie sind bisher
Stachelbeermond
Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkram
Schaut doch auch bei ihnen vorbei!

 

Tick

Es ist fünf vor Mitternacht. Ich liege
im stählernen Bett. Ohnmacht macht
sich breit. Ohne Macht. Macht Komma
ohne. Nur in Uhren können Sekunden
an Minuten hängen bleiben. Alle anderen
rechnen in Jahrzehnten. Tick tick. Nie
tock und doch greife ich nicht zu dem
Zeiger und werfe ihn in deine Augen.

Ich bin wie du.

Unsere Rädchen knirschen leise. Die
Federn springen aus dem Stahlrahmen.
Das Bett hält. Hier. Dort. Wo sie Betten
aus Glas bauen, hört man es klirren. Ich
und du. Es gibt so viel zu sagen, soviel
Stahl zu schmelzen. Ich stehe auf und
repariere die Uhr. Vielleicht wollen die
anderen die wahre Zeit lesen. Tick

Tock.

14 Kommentare zu „Tick | Der Dienstag dichtet

  1. Liebe Kathi:
    Ein Interpretationsversuch, was Dein Gedicht mir sagt:

    Die Zeit bleibt hängen, aber Du wirfst nicht den Zeiger in unsere Augen, um uns blind zu machen. Denn Du registrierst das Knirschen des Räderwerkes der tickenden Uhr. Und tatsächlich, fünf vor 12 ist es, als die sich abgezeichnete Katastrophe eintritt: das Herz der Uhr, die Unruh und die Feder springen aus der Halterung. Du bist sofort da, um zu helfen Zeit wieder herzustellen, damit es weiterhin eine Zukunft gibt, aber Zeit in einer neuen Sicht. Nicht mehr tick und „weiter so“, sondern ein Neuanfang mit tock . Die alten starren Stahlrahmen werden eingeschmolzen und weichen der Transparenz des Glases.

    Sehr tief gedacht und ein unüberhörbarer Aufruf zu einem Paradigma-Wechsel, der gerade jetzt im Auge der sich abzeichnenden Klimakrise notwendig wäre. Ich bin (wieder einmal) beeindruckt!

    Mein Beitrag in Deinen Kommentaren sieht sich dagegen eher bescheiden:

    Einfach nur da sitzen
    und dem Verschiebebahnhof
    der Worte in deinem Kopf lauschen
    Weichen stellen
    Signale geben
    Gleisbette erneuern
    Fahrt gewähren

    Endstation
    aussteigen

    Ziel erreicht?

    LG Werner

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    1. Danke für die Interpretation. Ich habe zunächst etwas über den Klimawandel schreiben wollen, aber dann gemerkt wie komplex es ist und wieviele Dinge dieser Stillstand betrifft. Das ich und du habe ich gewählt, weil ich dachte, ich kann jeder sein, der es liest…oder halt nicht.

      Bescheiden finde ich dein Gedicht gar nicht, eher wie so ein in sich horchen. Mir gefällt das Bild des Bahnhofes für den Kopf, irgendwie passt das zu Gedanken aber auch kreativen Prozessen. Danke. 🙂

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