Da ich kaum Gedichte schreibe, habe ich den Dienstag zum
Gedichte-Tag erklärt und veröffentliche wöchentlich ein Gedicht über
etwas, das mich gerade bewegt.
Wer sich anschließen will, ist herzlich willkommen. Einfach einen Kommentar schreiben.
Mit von der Partie sind bisher
Stachelbeermond
Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkram
Schaut doch auch bei ihnen vorbei!
Mein Leib im Grünen
Meine Blätter werden langsam rot, gelb,
braun. Mein Leib im Grünen. Wartet,
erwartet, verwartet. Die Zeit läuft vor
bei an um mir mein mich ich. Ich. Meine
Zielfahnen stecken wie bunte Gefühle
im Leben. Ich habe diesen einen Zettel
verlegt, im Sandkasten vergessen. Wie
feinste Körnchen. Ich drehe die Spieluhr
herum. Es rieselt. Nur hinauf. Die Kinder
spielen Burgbauen. Ich setze mich.
Daneben.
Die Lebenden gehen weiter, vorbei am
Sandkasten. Die Burg ist zu hoch und Poes
Herz klopft gegen die Zeiger. Ich verweile.
Tick. Tock. Wann fällt der Schorf ab?
Wow – ungewöhnlich, eindringlich, nachdenkenswert, nochmal lesen wollen und nochmal und auch noch ein drittes, viertes Mal! Ganz groß!
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Danke. Freut mich, dass es dir so gut gefällt. 😊
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Die Zielfahnen wie bunte Gefühle – das gefällt mir. Ob die dann auch die Farbe wechseln können?
Ein sehr spannender Text, den ich jetzt 5x gelesen habe. Kannst du was damit anfangen, wenn ich schreibe: Er wirkt langsam und schnell auf mich?
Klasse geschrieben, liebe Katharina, danke dir.
Sonnige Grüße
Judith
Meiner ist ganz anders, weniger abstrakt.
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Danke. 😊 Meinst du langsam, weil das Leben quasi vorbeizieht, während das Gedicht-Ich zusieht?
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Ich habs auch mehrfach gelesen, und auf mich wirkt es, als ob die Zeit mal schnell und mal langsam vergeht, als ob das Gedicht-Ich inmitten eines Zeitstrudels im ruhigen Auge sitzt und dem Leben betäubt zusieht (weil etwas passiert ist?). Ob es sich entschließt, irgendwann wieder in den Strudel einzusteigen?
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Zeitstrudel ist eine tolle Umschreibung. Zeit ist so individuell und Zeitempfinden wie ‚zu spät‘ auch nur Wertungen.
Danke.
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Ich finde Dein heutiges Gedicht sehr tiefgehend. Auch ich habe es mehrfach lesen müssen. Das Bild, was sich dazu in meinem Kopf gemalt hat, ist das sich das Leben über die Jahre einfach dramatisch verändert hat und realer geworden ist. Man fragt sich: was habe ich denn damals, als ich unschuldig im Sandkasten des beginnenden Lebens saß und mit der Zeit gespielt und meine Wunschzettel geschrieben habe, denn davon eigentlich bewahrt, was habe ich davon verwirklichen können.
Und dann stellt sich raus: die Zeit hat einen krank gemacht, Schorf bedeckt die vielen Wunden. Und die bange Frage: fällt er nochmal ab?
Eine sehr schöne Parabel, wie wir über die Jahre unsere Unschuld verlieren.
Einen ganz anderen Anlass für meinen heutigen Beitrag ein Zitat genommen, was Gustav-Mahler-Zitats zugeschrieben wird: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“.
Um dieses Zitat ranken viele Geschichten. Siehe:
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/reflexionen/geschichten/897102-Irrwege-einer-Metapher.html
Und es gibt auch die wohl aktuellste Veränderung aus dem Tatort Münster von Prof. Boerne (die Zeilen 4-6 des folgenden Gedichtes).
Und das fand ich so passend auf die Art und Weise, wie sich die AfD versucht in unsere Gedanken einzuschleichen, dass ich mit eine kleinen Ergänzung am Textanfang das mal der AfD als Leitidee unterstellt habe.
afd
ihre tradition
ist nicht
bewahrung der asche
sondern
weitergabe
der streichhölzer
LG Werner
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Lieber Werner (Entschuldigung, Katharina), es ist ein bisschen off topic, aber ich danke dir für das Zitat und den Link zu dessen Aufklärung des Urhebers; ich kannte es nur unter „Thomas Morus zugeschrieben“.
Liebe Grüße aus dem nassen Hamburger Süden
Christiane
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‚Realer geworden‘ ist eine schöne Umschreibung. Insgesamt eine interessante Sichtweise. Ich finde es immer faszinierend, was andere in die gleichen Worte lesen. Dadurch lerne ich viel übets Schreiben und irgendwie auch über mich selbst.
Deine Zeilen könnte man sich auf ein Shirt drucken. Die Irrungen um das Zitat passen super zu deinem aktuellen Bezug. Information übers Internet erfährt eine ähnliche Geschichte, nur schneller.
Danke. 😊
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Vielen Dank für diesen hochinteressanten Artikel! Das Zitat kannte ich, wusste aber nicht, von wem es stammt.
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