Animalisch | abc.etüden 23+24

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Dies ist ein Text zu den abc.etüden von Christiane. Ziel ist es 3 Worte in 300 Zeichen unterzubringen. Die Schreibeinladung für die Wochen 23+24 beinhaltet die Worte „Abweichung“, „unabwendbar“ und „verengen“, gesponsort von Werner Kastens.

Ich bin kein MMA-Fan, aber manchmal sehe ich es ganz gerne. Einige Kämpfe schockieren mich. Das hier ist die Verarbeitung von einem, den ich besonders heftig fand.

Animalisch

Der Gong ertönte, dann herrschte gebannte Stille. Die Augen seines Gegners verengten sich und er ging in Bereitschaft. Er selbst ließ sich noch Zeit. Damit zeigte er seinem Gegner, dass er ihn nicht ernst nahm. Bewusst langsam hob er die Arme, spannte seine Muskeln an. Sein Sieg war unabwendbar.

Sie tänzelten umeinander, ohne dass einer in den ersten zehn Sekunden angriff. Eine Ewigkeit im Oktagon. Er hatte Zeit. Sein Gegner funkelte kurz mit den Augen, gleich würde er links zuschlagen, wie er es immer tat.

Bamm. Er wehrte den Strike mit seinem Arm ab. Auch den nächsten, dann bückte er sich und schmiss sein Gegenüber zu Boden. Beim Aufprall spürte er wie seinem Gegner die Luft aus der Lunge entwich. Überraschung. Er war Profi und wusste, dass eine Abweichung seiner üblichen Taktik zum Sieg führte. Trotzdem dauerte es länger, als er wollte und er merkte die Wut in ihm hochsteigen.

Mit einem plötzlichen Kraftakt versucht er seinen Gegner zu überrumpeln, doch dieser blockte. Wieder und wieder. Nach drei Versuchen war er so in Rage, dass er es schaffte die Abwehr mit bloßer Gewalt zu durchbrechen. Er schlug zu. Einmal, zweimal, dreimal. Sein Gegner war bewusstlos, doch er schlug weiter zu. Blut. Er stoppte nicht bis der Referee ihn wegzerrte.

Er schnaubte. Wie ein Tiger rannte er auf und ab. Reine Wut. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, animalisch, ein Urinstinkt.

Er atmete tief durch. Schließlich hob der Referee seinen Arm und die Menge jubelte, doch er empfand keine Freude. Sein Gegenüber wurde benebelt und blutend weggetragen. Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal Mitleid hatte. Wenn der Urinstinkt griff, gab es nur sein Überleben. Vielleicht sollte er aufhören, bevor er nichts anderes mehr empfand.

12 Kommentare zu „Animalisch | abc.etüden 23+24

  1. Puh, eine erschreckende Vorstellung. Und gleichzeitig weiß ich, dass es auch Realität sein kann.
    Katha, du hast es so geschrieben, dass ich den Schweiß riechen und die Wut kochen hören konnte. Großes Kompliment dafür.
    Abendgrüße
    Judith

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  2. Mein Mann und ich haben beide jahrelang Kampfsport betrieben, und dort wird auch gelehrt, wie man sich selber im Griff hat. Aber das ist natürlich nicht sehr spektakulär oder showtauglich 😉 Ich habe mich auch schon oft gefragt, was im Kopf von MMA Kämpfern vorgeht.

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    1. Hn wahrscheinlich fördert die Show das Ganze noch mehr, auch wenn das Publikum mitgröhlt. Ich auch wüsste gerne, ob es ein in die Richtung ehrliches Interview gibt. Hab leider noch nix gefunden.

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  3. Also Martial Arts finde ich schon ziemlich faszinierend, aber das ist ja immer sehr kontrolliert. Da werden viele Schläge nur angedeutet.
    Ich kann mir schon vorstellen, dass man da wirklich austickt und sich nicht mehr kontrollieren kann. Also vor so einer Situation hätte ich echt Angst…
    Sehr gut geschrieben.

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    1. So normale Wettbewerbe sind ja auch human, aber UFC etc legen es ja auf den realen Kampf an. Einerseits spannend andererseits echt gruselig. Ich könnte es auch nicht.
      Danke. ☺️

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      1. 🤔 ne, das wäre nix. Anschauen, ja vielleicht, bis es mir zu brutal würde. Im Film weiß man wenigstens dass es gestellt ist.
        Ein brutaler Sport😑

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